Ratgeber - Tipps zum Hausbau, 30.05.2023
Ein Überblick der wichtigsten Holzwerkstoffe im Bauwesen
Ein Holz-Fertighaus wird nicht nur aus Vollholz gebaut, sondern bei der Tafelbauweise auch besonders ressourceneffizient mit Holzwerkstoffen konstruiert. Hier eine Übersicht, welche Werkstoffe im Bauwesen Anwendung finden.
Einst wurde im Holzbau ausschließlich Massivholz oder Vollholz für die Konstruktion des Gebäudes eingesetzt, doch im modernen Holzbau findet sich heute auch eine Vielzahl an Holzwerkstoffen wieder. Sie besitzen je nach Anforderungen und Einsatzgebiet unterschiedliche Vorteile und sorgen so für ein optimales Ergebnis im Gebäude. Neben den technischen Eigenschaften der Holzwerkstoffe, sind auch der Umweltfaktor sowie die Gesundheit zu berücksichtigen. Für einen ersten Überblick möchten wir Ihnen die wichtigsten Holzwerkstoffe aus dem Bauwesen aufzeigen.
Die Geschichte der Holzwerkstoffe
In den 1950er Jahren wurden die ersten Holzwerkstoffe wie Span- und Faserplatten am Markt angeboten. Die Rohstoffe hierfür fielen in Form von Sägespänen und Sägemehl in holzverarbeitenden Betrieben als Abfallprodukte an und sollten als Rohstoff nicht ungenutzt bleiben. Rund 30 Jahre später entwickelten sich weitere Holzwerkstoffe, da das Umweltbewusstsein in der Gesellschaft weiter anstieg und der Rohstoff Holz bis auf seine Kleinstteile effektiv genutzt werden sollte. Heute sind Holzwerkstoffe aus dem Bauwesen nicht mehr wegzudenken, da ihre Eigenschaften genau auf den jeweiligen Einsatzort ausgerichtet sind. Zudem ermöglichen Holzwerkstoffe schmalere Querschnitte im Wandaufbau mit zugleich höherer Festigkeit als ihre massiven Vorgänger.
Vorteile von Holzwerkstoffen
Holzwerkstoffe können höhere und verlässlichere Festigkeiten bieten als traditionelles Konstruktionsholz wie Balken, Bretter und Co., da das Holz durch seine Verarbeitung zu Holzwerkstoffen und deren optimale Zusammensetzung „homogenisiert“ wird. Zudem wird ein Quellen und Schwinden, wie es bei Massivholz der Fall sein kein, so weit wie möglich verhindert. Außerdem bieten die Rastermaße und Einheitsgrößen von Holzwerkstoffen bereits in der Planung Vorteile, weil weniger Verschnitt entsteht. Auch die Planbarkeit bei der Montage sowie Vorratshaltung ist wesentlich erleichtert, was nicht zuletzt auch die Fertighaushersteller freut.
Grundsätzlich werden Baustoffe durch Normen oder bauaufsichtliche Zulassungen zur Verwendung freigegeben, was bedingt durch die Standardisierung bei Holzwerkstoffen besser möglich und leichter nachvollziehbar ist. Schließlich können auch die Kernwerte von Bauteilen wie Wärme-, Schall-, und Brandschutzeigenschaften aufbauend auf der Standardisierung umso verlässlicher angegeben werden.
Überblick der Holzwerkstoffe
Wer sich Holz einmal genauer anschaut wird feststellen, dass jede Seite eines Bretts oder Balkens unterschiedlich aussieht. An den Stirn- oder Hirnstein kann auf die quergeschnittenen Fasern geschaut werden. Hierbei erkennt man mit bloßem Auge auch problemlos die einzelnen Jahresringe. An den Seiten der Hölzer zeigen sich die Fasern sowie angeschnittene Jahrringe in Längsrichtung. Auch Äste können sich an allen Seiten finden und sehen je nach Schnitt unterschiedlich aus. Da der gewachsene Naturbaustoff Holz ein heterogener Werkstoff ist – also nicht wie gegossene Werkstoffe – hängen seine Eigenschaften immer von der Verarbeitung sowie der Ausrichtung des Faserverlaufs an. Zudem kann die Holzart eine tragende Rolle spielen. Im Bauwesen werden zwar überwiegend Nadelhölzer eingesetzt, doch es finden sich heute ebenso immer mehr Laubhölzer unter den Holzwerkstoffen. Zu den wichtigsten Holzwerkstoffgruppierungen gehören:
- Voll- oder Massivholz wie Konstruktions-Vollholz (KVH), Brettschichtholz (BSH), Brettsperrholz (BSP)
- Furnierholz wie Furnierschichtholz (FSH), Bau-Furniersperrholz (BFU)
- Spanplatten wie Flachpressplatten (FPY), Oriented Strand Board (OSB),
- Faserplatten wie Mitteldichte Faserplatte (MDF), Hochdichte Faserplatte (HDF)
- Mineralisch gebundene Span- oder Faserplatten
Vollholz oder Massivholz?
Grundsätzlich müssen Vollholzwerkstoffe nicht ohne Klebestoffe auskommen, da der Name lediglich den eingesetzten Rohstoff beschreibt – also kann Vollholz auch mit Klebstoff zu einem Bauprodukt weiterverarbeitet werden. Sobald jedoch ein Holzbaustoff ohne Klebstoff auskommt wie bei Balken, Brettern oder Leisten, spricht man nicht mehr von Holzwerkstoffen. Das eingesetzte Holz wird sorgfältig ausgesucht und vor der Verarbeitung nach Qualitäten sortiert. Meist werden hierzulande europäische Nadel- und Laubhölzer wie Fichte, Kiefer, Lärche, Tanne sowie Buche, Ahorn, Erle und Birke verwendet.
Konstruktions-Vollholz
Aus dem einstigen Vollholzbalken hat sich das heute gängige Konstruktions-Vollholz (KVH) entwickelt. Hierbei werden einzelne Balkenabschnitte per Keilzinkung verleimt. Astlöcher und Fehlstellen können ausgekappt werden und kürzere Teilstücke zu einem Balken in brauchbarer Länge verbunden werden. Durch die damit geradlinig verlaufenden Faserschichten, kann auch eine höhere Gewährleistung für die Tragkraft der späteren KVH-Hölzer angegeben werden.
Brettschichtholz
Brettschichtholz, auch Leimbinder genannt, wird aus einzelnen Brettern von Nadelhölzern gefertigt. Die getrockneten Bretter werden maschinell nach Festigkeit sortiert und anschließend schichtweise aufeinander verleimt. Somit lassen sich mit Brettschichtholz größere Querschnitte als mit KVH erreichen, was später weitere Spannweiten mit größeren Tragkräften ermöglicht. Dank der hohen Tragkraft und dem verhältnismäßig geringeren Gewicht eignen sie sich beispielsweise zum Hallenbau, aber auch in der Einfamilienhaus-Architektur für große Räume und offene Grundrisse. Zudem sind Leimbinder formbeständiger und maßhaltiger als klassisches Bauholz, da sich die einzelnen Lagen weniger verziehen können.
Brettsperrholz
Während balkenartiges Brettschichtholz zum Beispiel für das tragende Skelett eines Gebäudes verwendet wird, handelt es sich bei Brettsperrholz um einen Plattenwerkstoff nach Art eines massiven Holzprodukts, welches ebenfalls für tragende Anwendungen zum Einsatz kommt. Brettsperrholz kann aus 3- oder 5-schichtigen Brettlagen im rechtwinkligen Wechsel verklebt sein. Der Holzwerkstoff eignet sich vor allem für die Herstellung tragender und zugleich raumbildender Bauteile wie zum Beispiel Wand-, Dach- und Deckentafeln. Dank seiner mittragenden und aussteifenden Beplankung kann er beim Holztafelbau überall zum Einsatz kommen.
Furnierholz
Wie der Name schon sagt, besteht Furnierholz aus dünnen rund 1 Millimeter dicken Furnierschichten, die miteinander verleimt sind. Zu den gängigsten Vertretern gehört das Furniersperrholz, kurz BFU. Hier werden die Furnierschichten „kreuzweise“ verleimt, während beim Furnierschichtholz der Faserverlauf immer parallel zur oben aufliegenden Schicht ist. Dieser Holzwerkstoff zeichnet sich durch seine Leichtigkeit und Elastizität aus.
Bau-Furniersperrholz
Mittels kreuzweise verklebten Furnierschichten bietet das Furniersperrholz (BFU) eine hohe Tragkraft und kann somit auch bei aussteifenden Beplankungen für Wände, Decken und Dächer verwendet werden. Lediglich die symmetrische Anordnung der Furnierschichten ist bei der Herstellung zu beachten. Hierfür werden Nadelholzarten wie zum Beispiel Fichte, Kiefer oder Lärche verwendet. Zudem gibt es noch eine Besonderheit: Seit einigen Jahren findet sich Furnierschichtholz auch aus Buchenfurnier am Markt – Bau-Furniersperrholz aus Buche (BFU-BU).
Furnierschichtholz
Für Furnierschichtholz (FSH) wird dünnes Schälfurnier aus Nadelholz benötigt. Dabei wird der Faserverlauf parallel in Längsrichtung – oder zumindest zum größten Teil parallel und zu einem kleinen Teil senkrecht zur Längsrichtung – angeordnet und verklebt. Dank der feinen Lamellierung und hohen Vergütung kann Furnierschichtholz sehr hohe Belastungen aushalten.
Spanplatte
Holzwerkstoffe in Form von Spanplatten gehören heute zu den am weitesten verbreiteten Baustoffen und haben eine eigene Geschichte. Bei der Fällung und Verarbeitung von Vollholz fielen früher Unmengen an Sägespänen an, die im Bauwesen keine Verwendung fanden. Daraus entwickelte sich dann die erste Flachpressplatte (FPY). Das „Y“ steht hierbei für die Pressrichtung in Y-Achse. Die Späne selbst haben keine Ausrichtung innerhalb der Platte. Die äußeren Schichten sind feiner als die inneren Schichten. Die Platten können je nach Zusammensetzung einen höheren Schallschutz, schwere Entflammbarkeit oder Feuchtebeständigkeit aufweisen. Die Platten werden als mittragende und aussteifende Beplankung im Bauwesen verwendet. Für den Innenausbau gibt es noch einige Unterarten, die aber im Bauwesen weniger Relevanz besitzen.
Grobspanplatte
Das Oriented Strand Borad (OSB) oder Grobspanplatte besitzt eine änliche Struktur wie die Spanplatte, doch die verwendeten Späne sind weit aus größer und haben eine gezielte Ausrichtung. Das Ursprungsmaterial fällt unter anderem bei der Furnierporduktion an. Die langen Späne verlaufen innerhalb der Deckschichten parallel und in der Mittelschicht quer zur Fertigungsrichtung. Dementsprechend ist auch die Optik anderst als bei der herkömmlichen Spanplatte.
Die Biegefestigkeit in Längsrichtung der OSB-Platten ist deutlich höher. Zudem lassen sich OSB-Platten leichter streichen. Auch sie werden vorwiegend als mittragende und aussteifende Beplankung für hölzerne Wände, Böden, Decken und Dächer eingesetzt. Zudem zeichnen sie sich durch eine hohe Belastbarkeit und eine Unempfindlichkeit gegen Feuchtigkeit aus.
Faserplatte
Auch Faserplatten werden aus Resthölzern und Abfallprodukten der Holzindustrie angefertigt. Heute finden sich auch Kombinationen mit Flachs oder Hanf am Markt, da die Rohstoffe jährlich nachwachsen. Die Produktion der Platten kann feucht oder trocken verlaufen. Typische Vertreter sind die Mitteldichte Faserplatte (MDF) sowie die Hochdichte Faserplatte (HDF). Vorteile gegenüber Spanplatten sind die homogenere Optik, höhere Festigkeit und bessere Oberflächeneigenschaften. Die MDF-Platten werden auch zur Herstellung von Wand-, Decken- und Dachtafeln innerhalb der Holz-Tafelbauweise eingesetzt.
Mineralisch gebundene Faserstoffe
Mineralisch gebundene Holzwerkstoffplatten verwenden Gips oder Zement als Bindemittel und weisen eine Füllung aus Fasern oder Spänen auf. Aufgrund des schweren Bindemittels haben diese Platten eine hohe Schalldämmeigenschaft sowie gute Brandschutzeigenschaften. Allerdings lassen sich die verwendeten Naturstoffe später nicht mehr von den mineralischen Bindemitteln recyceln. Klassische Vertreter sind die zement- oder gipsgebunden Flachpressplatten, sowie Gipsfaserplatten. Die bekannte Gipskartonplatte gehört nicht zu den Holzwerkstoffplatten, wobei sich auch diese in der Tafelbauweise findet. All diese mineralisch gebundenen Holzwerkstoffplatten können zur Aussteifung sowie als mittragende Beplankung im Fertighaus zum Einsatz kommen.
Die QDF-Positivliste
Die Qualitätsgemeinschaft Deutscher Fertigbau (QDF) erstellt für ihre Mitgliedsunternehmen jährlich eine Liste mit Baustoffen, welche die strengen QDF-Anforderungen nachweislich erfüllen – hierzu gehören auch Holzwerkstoffe. Jedes neue Bauprodukt wird auf seine Eigenschaften hin überprüft und nach dem gründlichen Qualitätscheck aufgenommen oder eben nicht. So können sich die Haushersteller der QDF und ihre Bauherren sicher sein, dass die eingesetzten Baustoffe höchsten Ansprüchen genügen. In der QDF-Positivliste finden sich eine Vielzahl an Holzwerkstoffen von unterschiedlichen Herstellern wieder.